Artikel erschienen im Nouvel Obs am 19. Dezember 2019.
Das Oxymoron blieb hängen. Ich war damals noch weit weg davon Europaabgeordneter auf der Suche nach einem Kommissionspräsidenten zu werden. Ich war dabei ein Thema für meine Chronik bei France Inter für den darauffolgenden Morgen zu finden. Das muss ein dutzend Jahre her sein und ich stieß auf ein Portrait der Frau, die gerade in Berlin aufstieg, es war die Ministerin namens Ursula von der Leyen von der ich niemals davor gehört hatte.
Das ist nicht sehr politisch und macht mir keinen Ehren, aber was mich am Meisten betroffen hat war zu Lesen, dass sie sieben Kinder zur Welt gebracht hatte und eine so schlanke Figur vorzufinden, die fast schon fragil einer fünfzigjährigen gehörte, die jedoch zwanzig Jahre jünger aussah. War das in Le Monde ? The Guardian? Ich weiß es nicht mehr, aber ich las, dass diese ‘‘Protégée‘‘ Merkels mich so intrigierte, da sie alles, aber auch alles Entgegengesetztes war: Christdemokratin natürlich, Befürworterin der bezahlten Elternzeit, der Kitas, alles was es einer Frau ermöglichte der Rolle der Hüterin der Familie zu entwischen, was die deutsche Rechte beibehalten wollte.
In ihrem Milieu, sind die Kitas, und noch schlimmer, die Elternzeit für den Vater, der Beginn des Kommunismus und das Ende der Familie und dann diese Deutsche, die in Brüssel aufwuchs, Tochter eines hohen europäischen Beamten, der sie in eine zweisprachige Schule eingeschrieben hatte, wo sie bi-kulturell herauskam, deutsch, französisch, frankophon und frankophil. ,,Im Auge zu behalten’’ sagte ich mir und je mehr ich von ihr las, über die Jahre, mehr interessierte sie mich, da eine deutsche Konservative, von der großbürgerlichen Gesellschaft und mit aristokratischen Vorfahren, die genau wie die Sozialdemokraten die Einführung des Mindestlohns verteidigt und sich auf Seiten der Grünen schlägt um für die Home-Ehe zu stimmen….
Nein, überhaupt nicht banal, eher eine exzentrische Britin als Tochter Luthers und der Hanse und das ist noch nicht alles. Als Sie Verteidigungsministerin war sprach sie sich für eine europäische Armee und eine größere Rolle Deutschlands auf der internationalen Bühne aus. Sie gefiel mir so gut, dass als ich sie viel später wiedersah, letzten Juli, sagte ich mir plötzlich, dass wir nun unsere Kommissionspräsidenten hätten, die die Mitgliedsländer nicht in der Lage waren zu finden. Ich beharrte noch darauf sie von den Leyen zu nennen, aber es war sie natürlich und als ihr Name fiel, war ich verblüfft, dass das Parlament nicht voller Freude tanzen würde.
Das waren nur desillusionierte Beschwerden, Furore und Belastungen. ,,Und schau, da fängt es schon wieder an!‘‘ sagte man auf allen Bänken. ,,Die nationalen Politiker, wie immer, entscheiden an unserem Platz und der Rat untermauert das Parlament.‘‘ Ich sagte mir, wenn wir uns gekümmert hätten, wir, die Abgeordneten, eine Mehrheit hinter einen Namen zu bringen, hätten wir ihn den Rat aufzwingen können und parlamentarische Demütigung hin oder her, wir hätten uns nichts besser erträumen können als eine deutsche der CDU, die französisch denkt als Kommissionspräsidenten, sowie eine Anwältin der größeren Investitionen, Christine Lagarde, an der Zentralbank, und ein belgischer Föderalist, Charles Michel, als Präsident des Rates und ein italienischer Sozialdemokrat als Parlamentspräsident auf Dem Podium, in Brüssel wie in Straßburg.
Ich sagte mir, mit leiser Stimme, um niemanden verspotten zu wollen, dass die deutsch-niederländische Orthodoxie sich endlich vor einer Rückkehr des französischen Ansatzes verneigte, aber sogar in meiner Fraktion, Renaissance, Renew, sogar unter den französischen Abgeordneten meiner Liste ‚‘‘von Rechts und von links‘‘, waren mehr als ein missfallener Ausdruck im Gesicht vor dem Affront, der die Abgeordneten betroffen hatte.
Es war da als die Kandidatur Ursula von der Leyens, am 16 Juli, von nur 51.3% der Stimmen im Parlament angenommen wurde und was dann dazu führte, dass eine Französin, die brillante Sylvie Goulard, nicht angenommen wurde: schuldig aus dem Hut von Angela Merkel und Emmanuel Macron gezaubert worden zu sein um eine zentrale Position in der Kommission einzunehmen. Das Parlament hat sich am Rat gerecht, aber selbst wenn die Art nicht so glorreich war, hat die gesamteuropäische Vertretung, die Kammer des Volkes, dort gezeigt, dass sie genauso zählt wie die Kammer der Staaten, wie der Europäische Rat, dieser Rat der Mitgliedstaaten, wo die Vormachtstellung heute umfassend ist.
Das ist das was zwischen dem 16 Juli und dem 27 November geschehen ist wo eine weitaus größere Mehrheit der Europaabgeordneten für die Amtseinführung der Kommission, die von ‘‘UvdL‘‘ (wie man hier so sagt) vorgeschlagen wurde, gestimmt hat.
Aber dieser Moment hat nichts mit Zufall zu tun.
Alles ändert sich heute in der Union, denn Dank Herrn Trump, haben die Europaabgeordneten endlich begriffen, alle oder fast alle, dass es notwendig ist die Union mit einer gemeinsamen Verteidigung auszustatten, aus ihr einen Akteur auf internationalen Bühne zu machen und zusammen in die Industrien der Zukunft zu investieren. Gestern Französisch, oder fast ausschließlich Französisch, sind diese Ideen nunmehr Konsens im Parlament. Man wird, natürlich, viel Zeit und harte Kämpfe führen müssen um sie in die Tat umzusetzen, aber eine neue Union ist dabei zu entstehen, viel parlamentarischer, viel politischer, viel ‘‘geopolitischer‘‘ wie das ständig UvdL sagt.