Aber wann werden wir es am Ende sehen? Wann wird man aufhören zu sagen, dass die Union zerfällt und stirbt, auch wenn sie vielleicht in eine neue und entscheidende Phase ihrer Geschichte eintritt?

Da war zunächst die Art und Weise, wie die Zentralbank die Panik an den Märkten, die sich anbahnte, stoppen konnte. Das war eine Tatsache. Es war zwar bemerkenswert, aber nur die grössten Europafans, nicht war, konnten sich über das, was nichts anderes als eine Illusion war, freuen und hätten dann die Aussetzung der Maastricht-Regeln begrüßen können.

Ich gebe jedoch zu, dass ich dies getan habe, denn diese Obergrenzen für Haushaltsdefizit und Schuldenstand waren der große politische Fehler der Union, denn es ist Fakt, dass es kein Wachstum ohne Investitionen, keine Investitionen ohne Ausgaben gibt und, dass die Verschuldung letztlich eine der Voraussetzungen für einen ausgeglichenen Haushalt ist, da sie die wirtschaftliche Tätigkeit und die Steuereinnahmen unterstützt. Als exaltierter Maastrichianer begrüßte ich daher die Tatsache, dass es endlich keine Religion des Gleichgewichts oder in Stein gemeißelte Verträge mehr gab, aber nur die Hirnamputierten die Tatsache ignorieren konnten, dass diese Regeln nur ausgesetzt waren und sich dadurch nichts, im Grunde nichts, geändert hatte.

Tatsache ist im Übrigen, dass weder die hundert Milliarden, die die Kommission zur Unterstützung der nationalen Finanzierung der Kurzarbeit bereitgestellt hat, noch die Worte der europäischen „Industriepolitik“ und der europäischen „Souveränität“ im Bereich der strategischen Industrien, die der Ratspräsident und der Kommissionspräsident gebraucht haben, viel Aufmerksamkeit erregt haben.

Es waren natürlich nur Worte. Nur diejenigen, die vom Föderalismus beschwipst sind, hätten sich von dieser kolbertistischen und sozialen Wende überzeugen lassen können, denn weit entfernt von semantischen Illusionen ist die Union dabei, sich aufzulösen und so viel zunichte zu machen, dass selbst dann, wenn ihre 27 Staats- und Regierungschefs am vergangenen Donnerstag die Idee eines europäischen Sanierungsplans akzeptiert haben, der durch gemeinsame Schulden finanziert wird, nur was hängen bleibt?

Es bleibt nicht hängen, dass dieser Plan mindestens tausend Milliarden Euro wert sein sollte. Nein. Wir nehmen lediglich zur Kenntnis, dass die 27 Mitgliedstaaten immer noch über die Rückzahlungsbedingungen dieser Billion geteilter Meinung sind.

Da sage ich Nein! Genug!

Zweifel, die habe ich gerne. Ihnen bin ich sicher kein Fremder. Sie nagten bis Donnerstag an mir, so stark war meine Angst vor zu wenig, zu spät. Aber jetzt… Die Union bereitet sich darauf vor, zusammen etwa tausend Milliarden Euro Schulden aufzunehmen und zu investieren, und die Union wäre in Agonie geraten? Die Union bricht endlich mit der Absurdität willkürlicher Obergrenzen für ihre Schulden und Defizite. Die Union wird gemeinsam Kredite aufnehmen, selbst wenn dies durch ihre Verträgen verboten wurde. Die Union steckt hundert Milliarden Euro in eine europaweite Arbeitslosenversicherung und schafft damit das soziale Europa, das so viele ihrer Mitgliedstaaten nicht wollten und auf das wir nicht mehr zu hoffen wagten. Die Union reagiert schnell, sowohl auf nationaler als auch auf europäischer Ebene. Die Union – öffnen Sie Ihre Augen! – tritt in eine dritte Phase seiner Geschichte ein: gemeinsame Kreditaufnahme und Investitionen nach dem gemeinsamen Binnenmarkt und der gemeinsamen Währung. Die Union – hören Sie auf, das Offensichtliche zu leugnen, nur weil es Sie stört! – erweist sich als einer ebenso gefährlichen wie unerwarteten Herausforderung gewachsen, und alles, was es zu sagen gibt, ist, dass es nichts zu sagen, nichts zu sehen gibt und, dass Sie, wie so viele andere verlorene Illusionen, im Sterben liegt.

Genug, von der S…!

Wenn man Bedauern und Kritik äußern will, gibt es nur die Qual der Wahl. Die Befürworter eines gemeinsamen Investitionsplans haben nicht früh genug die Idee durchgesetzt, dass es nicht um die Vergemeinschaftlichung nationaler Schulden geht, sondern um gemeinsam Investitionen, die gemeinsam beschlossen werden. Das Ergebnis ist, dass wir weiterhin kostbare Zeit mit einer Wiederauferstehung des alten Kampfes zwischen Zikaden und Ameisen, dem Europa des Bieres und des Weines, den Keynesianern und den Thatcherianern, verschwenden.

Mit Frankreich an der Spitze konnten dieselben Befürworter der gemeinsamen Investitionen diese Debatte noch nicht mit einer Liste dringender und einvernehmlicher Investitionen abschließen, die uns dazu gebracht hätte zuzustimmen, dass kein einzelner Staat anderen Staaten etwas zurückerstatten muss, da niemand jemandem geholfen hat, sondern dass wir, die 27, zu unser aller Nutzen investieren.

Und dann gibt es in all dem zu viel Höflichkeit. Denjenigen niederländischen Führungskräften, die behaupten, Tugend zu verkörpern, und die etwaige Diskussion verweigern, wäre es nicht überflüssig, daran zu erinnern, dass das Instrument ihres Wohlstands der Binnenmarkt ist und dass ihr Steuerdumping die Einnahmen der Staaten, die jetzt in Schwierigkeiten sind, umleitet. Höflichkeit ist schön und gut, aber klar und deutlich zu sprechen ist viel besser als die Torturen von Menschen, die nur im Anschein ihre Tugend haben.

Es ist sicher nicht alles gewonnen, im Gegenteil. Das Ausmaß der Wirtschaftskrise kann noch so groß sein, dass sie uns immer noch in eine ‘’Rette sich wer kann’’ Situation stürzen kann, die unsere Einheit nicht überleben würde. Die Gewalt der sozialen Krise kann Demagogen in europäischen Staaten, mit denen es keine Union mehr geben würde, an die Macht bringen. Der Sturm bricht gerade erst los, aber diejenigen, die weder Augen haben, um zu sehen, noch Ohren, um zu hören, sind nicht die Verteidiger der europäischen Einheit. Sie sind ihre Gegner, diejenigen, die nicht einsehen wollen, dass wenn das Glas zu drei Vierteln voll ist, es dabei ist sich zu füllen.

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