Eines Tages werden wir alle auf sie angewiesen sein. An dem Tag, an dem das Scheitern der Aggression gegen die Ukraine die Frage nach einer Ablösung im Kreml aufwirft, werden Alexej Nawalny und Wladimir Kara-Murza für Russland, Europa und die Welt genauso unverzichtbar sein wie Nelson Mandela für sein Land, als die Apartheid dort endete.

Sie werden unverzichtbar sein, weil so viele Männer, die das post-outinische Russland hätten verkörpern können, ermordet oder zermalmt wurden, dass nur noch sie übrig sind. Ob bekannt oder noch unbekannt, andere werden sich natürlich auch offenbaren. Im Exil oder in Russland selbst, allen voran Ilja Jaschin, haben sich bereits viele etabliert, aber bislang hat niemand die Erfahrung und den Bekanntheitsgrad, den Alexej Nawalny und Wladimir Kara-Murza in rund 15 Jahren, in denen sie die Opposition zusammengebracht, das Recht verteidigt und die Korruption angeprangert haben, erlangt haben.

Wir werden sie eines Tages alle brauchen, weil die Russische Föderation nun kurz- oder mittelfristig von Zersplitterung und Chaos bedroht ist und es beim ersten Knacken Männer ihrer Stärke braucht, um der Stimme der Vernunft Gehör zu verschaffen und die Stabilität Europas und der Welt durch die Stabilität Russlands zu bewahren.

Wir alle werden sie brauchen, denn wenn Bürgerkriege ein Land zerreißen würden, das über den zweitgrößten Atomwaffenbestand der Welt verfügt, so lange Grenzen zu China und der Europäischen Union hat und so nah am Iran, an Zentralasien und der Türkei liegt, würden sich diese Kriege schnell auf den Rest der Welt ausbreiten.

Alexej Nawalny und Wladimir Kara-Murza müssen also nicht nur wegen ihrer bewundernswerten Tapferkeit und Entschlossenheit gerettet werden. Es muss verhindert werden, dass sie aufgrund mangelnder medizinischer Versorgung, systematischer Isolation und Misshandlungen im Gefängnis sterben, weil weder Russland noch die Welt auf sie verzichten kann und weil die Gewalt, mit der der Despot im Kreml gegen sie vorgeht, seine ganze Angst davor ausdrückt, dass die Russen ihn ablehnen und ihren Weg in die Freiheit wieder aufnehmen könnten.

Dies sind die drei Gründe, warum Timothy Garton-Ash, Experte für das zeitgenössische Europa in Oxford, Ezio Mauro von La Repubblica, Adam Michnik, Gründer von Gazeta Wyborcza, und ich, Journalist und Europaabgeordneter, soeben in mehreren europäischen Zeitungen einen Aufruf an Staatsmänner und alle Demokraten, Künstler, Gewerkschaften, Kirchen und Intellektuellen veröffentlicht haben. Gemeinsam oder einzeln, so schreiben wir, von Angesicht zu Angesicht oder auf den Webseiten der russischen Botschaften oder des Kremls, muss jeder von Ihnen Wladimir Putin dringend sagen: „Nein, Herr Präsident, Sie dürfen nicht länger gegen Alexej Nawalny und Wladimir Kara-Murza hetzen. Sie müssen darauf verzichten, ihren Tod zu wollen, dafür sorgen, dass sie leben, und ihnen ihre Freiheit zurückgeben„.

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