Gemeinsamer Gastbeitrag der Renaissance-Delegation im Europäischen Parlament, veröffentlicht am 14. März 2020 im JDD

Am 10. März erfuhren wir, dass China die Ausfuhr von 1.000 Beatmungsgeräten und Zehntausenden von Schutzanzügen und -masken an unsere italienischen Nachbarn erlauben würde. Es erscheint dann normal, dass viele das Gefühl teilen, dass Europa nicht genug und das nicht schnell genug tut. Dennoch hat die Kommission umfangreiche Nothilfe freigegeben. Am selben Tag hatte der Präsident der Republik die Organisation eines außerordentlichen Europäischen Rates zur COVID-19-Krise erwirkt. Am Ende des Treffens übernahmen die Staats- und Regierungschefs wieder die Kontrolle und einigten sich auf  Methoden zur besseren Koordinierung der Eindämmungsstrategien, zur Beschleunigung des Impfprozesses, zur Freigabe von europäischen Mitteln für die am stärksten betroffenen Länder, zur Schaffung von Haushaltsflexibilität und zur Einführung der Möglichkeit von gemeinsamen Einkäufen von medizinischer Ausrüstung. Wir sagen es klar und deutlich: Nicht der Schengen-Raum hat die Epidemie gefördert, sondern die europäische Zusammenarbeit wird den Impfstoff bringen. Es ist nicht der Binnenmarkt, der den Rückgang der Aktivitäten verursacht, sondern es ist eine europäische Investitionsfront, die Arbeitsplätze sichern und schaffen wird. Man versichert uns, dass Europa in der Krise voran kommt. Das ist wahr. Hier geht es um Leben und Tod. Es ist daher verständlich, dass die Bürger von ihr verlangen, mehr zu tun und stärker zu sein, damit wir unser Schicksal wieder selbst in die Hand nehmen können. Die Antwort des Europäischen Rates in der unmittelbaren Zukunft ist der Aufgabe gewachsen, aber wir müssen die operative Umsetzung der Solidarität noch beschleunigen. Unsere italienischen Freunde müssen die ersten sein, die von allen Solidaritätsmaßnahmen profitieren können. Gesundheitsminister Olivier Véran hat bereits eine Bestandsaufnahme der Ausrüstung vorgenommen, um die Bemühungen mit seinen europäischen Partnern besser zu teilen. Unsere Delegation hat die Kommission auch gebeten, die Reserven im europäischen Haushalt unverzüglich freizugeben. Das bedeutet mehr als 4 Milliarden Euro zusätzlich, um den betroffenen Unternehmen zu helfen und das Gesundheitssystem zu stärken. Das wären die kurzfristigen Maßnahmen. Aber wir alle wissen, dass der Kern der Sache die mittelfristige Antwort sein wird. Die Coronavirus-Krise und ihre menschlichen, wirtschaftlichen, sozialen und sogar demokratischen Folgen sind ein Hinweis darauf, wie weit wir für ein Europa, das sein Schicksal selbst in der Hand hat, noch gehen müssen. Wir, die Mitglieder der Renaissance-Delegation, rufen alle europäischen Institutionen und pro-europäischen politischen Kräfte auf, einen beispiellosen Aktionsplan gegen das Coronavirus zu verabschieden. Dieser umfassende Aktionsplan muss der Dringlichkeit Rechnung tragen, vor allem aber die Instrumente der europäischen Souveränität schaffen. In den kommenden Monaten wird nur ein souveränes Europa in der Lage sein, diese und vor allem die zukünftigen Krisen zu überwinden. Europa muss, um in Bezug auf die Gesundheit souverän zu sein, die Produktion und Versorgung mit kritischen Rohstoffen, einschließlich der Wirkstoffe von Medikamenten, unbedingt sicherstellen. Wenn wir eine Regulierung durchsetzen müssen, sollten wir keine Bedenken gegenüber des gesunden Menschenverstandes haben.  Ein wirtschaftlich souveränes Europa, dessen Schlüssel vor allem der politische Wille ist. Wir fordern weder einen neuen Vertrag noch einen weiteren Juncker Plan. Wir wollen, dass Europa die treibende Kraft hinter der Wiederbelebung des Wachstums ist, indem wir in strategische Sektoren investieren, die Arbeitsplätze schaffen (erneuerbare Energien, 5G oder künstliche Intelligenz), indem wir die Widerstandsfähigkeit unserer Wirtschaft stärken und die Europäer ausbilden. Die industrielle Autonomie Europas ist eine Garantie für Standortverlagerungen und ist Teil des Ziels des ‘’Green Deals’’, bis 2050 kohlenstoffneutral zu sein.  Eine Krise sollte nicht der Nächsten folgen. Ein möglicher europäischer Investitionsplan muss die Klimawende und die Schaffung von grünen Arbeitsplätzen in ganz Europa beschleunigen. Darüber hinaus ist unsere Führungsrolle in Spitzenbereichen eine Notwendigkeit bei der Bewältigung von Gesundheitskrisen.

Aber dieser europäische Ehrgeiz kann nur mit einem ehrgeizigen Haushalt einhergehen. Das Scheitern der letzten Sondertagung des Europäischen Rates ist eine dramatische Mahnung: Untätigkeit ist teuer! Ohne substanzielle und vorhersehbare Eigenmittel ist die Union vom guten Willen der Mitgliedstaaten abhängig und wird nie in der Lage sein, angesichts einer Krise schnell auf die Erwartungen der Menschen zu reagieren. Mit einem kleinen Budget, wird Europa in seinen Schlüsselkompetenzen enttäuschen: Zusammenarbeit in der Forschung, Unterstützung von Investitionen und Beschäftigung, Klimawende. Dies wird einigen nationalen Regierungen, die vielleicht kurzfristig die Leader der Volkswirtschaften sein werden, nicht von Vorteil sein, aber es wird schwierig sein, den Bürgern zu antworten, die fragen werden: „Warum haben wir nicht mehr getan?

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