Ich schätze, ich sollte es nicht tun. Ich sollte mich lieber zu dem, was getan wurde, beglückwünschen, als zu bedauern, dass es noch so viel zu tun gibt, auf das Licht am Ende des Tunnels zeigen und nicht den Teufel an die Wand zu malen, aber es gibt kein schlimmeres Verbrechen in der Politik als zu Lügen, auch nicht durch Unterlassung.

Sagen wir also laut und deutlich, dass keiner der immensen Schritte, die jetzt unternommen werden, etwas garantiert, ganz im Gegenteil.

Den europäischen Hauptstädten ist es gelungen, ihre Differenzen zu überwinden, indem sie der Idee von Gemeinschaftsdarlehen Tür und Tor öffneten und sich bereit erklärten, die Unterstützung für die Schwächsten unter ihnen nicht länger an Bedingungen zu knüpfen. Im Handumdrehen einigten sich die 27 nationalen Regierungen am Donnerstag darauf, das zu tun, was sechsunddreißig Stunden zuvor unmöglich gewesen war und noch vor einem Monat unvorstellbar gewesen wäre. Zuvor hatte die Kommission die Maastricht-Kriterien außerkraftgesetzt, ohne dass einer der Mitgliedstaaten Einwände erhoben hat, und das ist noch nicht alles. Die Union genehmigt nun staatliche Unterstützung für Unternehmen in Schwierigkeiten und begräbt damit den „freien und unverfälschten“ Wettbewerb und hat sogar den Weg zu einem sozialen Europa eingeschlagen, indem sie 100 Milliarden Euro an Finanzgarantien für nationale Kurzarbeitsprogramme auf den Tisch gelegt hat – was nicht wenig ist.

Die Tabus der Union fallen so schnell wie totes Laub. Das ist keine Kleinigkeit. Das ist sehr viel, aber wie kann man übersehen, dass es uns bisher nur gelungen ist, mit dem Notfall umzugehen, und zwar nur in ungeordneter Weise? Wir stossen mit größter Eile vor, und das ist umso besser, da wir nicht weit davon weg waren zu scheitern, aber wir können uns weder so sehr verschulden, um das zu retten, was nicht zu retten möglich ist, noch können wir Schulden verallgemeinern, ohne dass wir die Investitionen verallgemeinern, die uns ermöglichen, die Krise morgen zu bewältigen.

Es ist dringend notwendig, die Bedürfnisse unserer Gesundheitssysteme unabhängig von den Kosten zu gewährleisten und die Dutzende Millionen von Arbeitnehmern nicht ohne Einkommen zu lassen, die durch die Ausgangssperre ihrer Arbeitsplätze beraubt werden. Die Menschheit sowie die Wirtschaft befehlt es uns, aber sollten wir auf der anderen Seite so viele Fluggesellschaften, Werften oder die Automobilindustrie retten wollen, deren Notwendigkeit und Überlebenschancen zumindest fraglich sind?

Pandemie hin oder her, der Autoverkauf wird unaufhaltsam zurückgehen, da die Stadtbewohner, der wachsende und reichste Teil der Menschheit, zunehmend umweltverschmutzende Fahrzeuge zugunsten von Fahrrädern oder öffentlichen Verkehrsmitteln aufgeben. Kreuzfahrtschiffe, diese Gebäude auf dem Wasser, werden sich offensichtlich nicht von der Tragödie erholen, die so viele ihrer Passagiere gerade erlebt haben, die in einer geschlossenen Kammer verseucht wurden und aus Angst, dass das Virus mit ihnen aussteigt, am Andocken gehindert wurden. Mehr noch als Kreuzfahrten ist es der Massentourismus, der soeben einen Schlag erlitten hat, denn er wird, bereits wegen der Schäden, die er in Venedig oder anderswo anrichtet, angeprangert, unter einem unvermeidlichen Rückgang des Lebensstandards und dem Trauma der vielen vergessenen Reisende in allen Ecken der Welt, die infolge der Schließung der Flughäfen gestrandet waren, leiden. Was die Fluggesellschaften betrifft, so werden sie gleichzeitig mit der Ausbreitung des Home Office und dem Rückgang des organisierten Reiseverkehrs sowie mit einem Rückgang des Tourismus- und Geschäftsverkehrs zu kämpfen haben, der viele von ihnen zum Bankrott verurteilt und sie alle zwingt, Fusionen in Erwägung zu ziehen.

Die Mitgliedstaaten der Union verpflichten sich somit gemeinsam und einzeln zu Ausgaben, die darauf abzielen, vergeblich zu versuchen, die Unternehmen der Vergangenheit zu retten, anstatt gemeinsam in die Aktivitäten der Zukunft zu investieren, die die Beschäftigung und den Lebensstandard sichern würden.

Morgen müssen wir die öffentlichen Verkehrsnetze erweitern, ein Europa der Schiene und der Nachtzüge entwickeln, Arbeitsplätze durch die Verlagerung einer Reihe arbeitsintensiver Industrien und nicht nur der High-Tech-Branchen schaffen, die Pharmaindustrie verstaatlichen statt die Automobilindustrie, europäische Forschungszentren auf echten Exzellenz-Campussen schaffen, den Übergang zur grünen Wirtschaft finanzieren und die Grundlagen für eine europäische Verteidigung schaffen, da die Dauerhaftigkeit des amerikanischen Schirms weniger sicher ist denn je.

Das ist es, was wir vergemeinschaften müssen, die Investitionen von morgen und nicht die Schulden von gestern, denn auf den Fundamenten des 21. Jahrhunderts und nicht in der Nostalgie an das 20 wird sich die Macht und der Wohlstand Europas steigen und festigen. Die Vereinigten Staaten, China und die Europäische Union, heute gibt es drei Großmächte, aber unsere, Europa, hat weder öffentliche Macht noch eine Industriestrategie.

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